Seminar für Wirtschaftsausschüsse und Betriebsräte aus Betrieben mit weniger als 100 ständig beschäftigten Arbeitnehmern
Dieses Seminar war ein Teil der Reihe „Der Wirtschaftsausschuss“ (weitere Teile: Die Arbeit des WA – Einführung und Grundlagen sowie Jahresabschluss und Bilanzanalyse)
In diesem Seminar haben wir uns, nachdem wir uns ausführlich den Aufbau, die Gliederung und die Inhalte der Gewinn- und Verlustrechnung, Bilanz, Anhang und Lagebericht angesehen haben, mit dem Jahresabschluss des eigenen Unternehmens beschäftigt. Hierzu haben wir Verständnisfragen geklärt, da es ja als Nichtkaufmännischer Beschäftigter nicht so leicht ist die ganzen Zahlen und Zusammenhänge zu verstehen. Des Weiteren haben wir Auffälligkeiten gegenüber dem Vorjahr festgestellt und hieraus Fragen die der Wirtschaftsausschuss dem Unternehmer stellen sollte erarbeitet.
Warum einen Wirtschaftsausschuss?
Der Wirtschaftsausschuss ist für die Betriebsratsarbeit immens wichtig, da er das einzige betriebsverfassungsrechtliche Organ ist, dem gegenüber die Arbeitgeber gesetzlich verpflichtet sind, umfassend über die wirtschaftliche Lage des Betriebs zu unterrichten.
Der Wirtschaftsausschuss:
In Unternehmen mit i.d.R. mehr als 100 ständigen Arbeitnehmern zum Zwecke der Zusammenarbeit zwischen Betriebsrat und Unternehmer sowie der gegenseitigen Unterrichtung in wirtschaftlichen Angelegenheiten (§§ 106 ff. BetrVG) vom Betriebsrat zu bestimmen. Die Mitglieder sollen persönlich geeignet sein, d. h. sie müssen Jahresabschlüsse verstehen, Bilanzen lesen und betriebswirtschaftliche Zusammenhänge schnell begreifen und weitervermitteln können. In kleineren Betrieben muss der Arbeitgeber den Betriebsrat nach § 80 BetrVG über die wirtschaftlichen Fragen unterrichten, soweit die Auskünfte zur Durchführung seiner Aufgaben benötigt werden.
Zu bestimmen sind drei bis sieben Angehörige des Unternehmens (davon mind. ein Betriebsratsmitglied), die vom Betriebsrat für die Dauer seiner Amtszeit bestimmt werden.
Der Wirtschaftsausschuss soll die Arbeitnehmervertretung unterstützen und Zusammenarbeit und Informationsaustausch in wirtschaftlichen Angelegenheiten zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat fördern. Er bespricht Fragen der Unternehmenspolitik mit dem Arbeitgeber, bevor der Betriebsrat eingeschaltet wird. Der Wirtschaftsausschuss hat kein eigenes Mitbestimmungsrecht!
Dem Wirtschaftsausschuss ist unter Hinzuziehung des Betriebsrats der Jahresabschluss vorzulegen und zu erläutern (§ 108 V BetrVG).
Im Streitfall über Umfang der Auskunftspflicht des Arbeitgebers entscheidet Einigungsstelle mit bindender Kraft (§ 109 BetrVG
Die Aufgaben des Unternehmers bestehen darin, dass der WA rechtzeitig und umfassend über die wirtschaftlichen Angelegenheiten des Unternehmens unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen unterrichtet wird.
Mitteilungspflicht des Unternehmens
Unter anderem bezieht sich die Mitteilungspflicht des Unternehmens gegenüber dem WA (gem. § 106 Abs. 3 BetrVG) auf folgende Themen:
1. die wirtschaftliche und finanzielle Lage des Unternehmens; |
2. die Produktions- und Absatzlage; |
3. das Produktions- und Investitionsprogramm; |
4. Rationalisierungsvorhaben; |
5. Fabrikations- und Arbeitsmethoden, insbesondere die Einführung neuer Arbeitsmethoden; |
5a. Fragen des betrieblichen Umweltschutzes; |
6. die Einschränkung oder Stilllegung von Betrieben oder von Betriebsteilen; |
7. die Verlegung von Betrieben oder Betriebsteilen; |
8. den Zusammenschluss oder die Spaltung von Unternehmen oder Betrieben; |
9. den Verkauf von Gesellschaftsanteilen, wenn damit ein Kontrollerwerb verbunden ist |
10. die Änderung der Betriebsorganisation oder des Betriebszwecks sowie |
11. sonstige Vorgänge und Vorhaben, welche die Interessen der Arbeitnehmer des Unternehmens wesentlich berühren können. |
Der WA unterrichtet aufgrund dieser Informationen den Betriebsrat. Eine rechtliche Grundlage, die Unterlagen auch in schriftlicher Form zu bekommen, sie zu kopieren etc., gibt es aber nicht. Jedoch hat der WA die Möglichkeit, die Unterlagen des Unternehmers in dessen Räumlichkeiten zu sichten und sich entsprechende Notizen anzufertigen.
Nach §108 Abs. 1 BetrVG sollen WA-Sitzungen mit dem Unternehmer einmal im Monat stattfinden. Diese Regelung ist jedoch nicht zwingend, so dass die Sitzungen auch in kürzeren oder längeren Zeitabständen durchgeführt werden können. Über jede WA-Sitzung sollte vom Schriftführer des WA ein Ergebnisprotokoll angefertigt werden, welches die wesentlichen Informationen des Unternehmers zu jedem Tagesordnungspunkt festhält. Eine Abstimmung des Protokolls mit dem Unternehmer ist nicht erforderlich. Jedoch hat der Unternehmer gem. §34 Abs. 2 BetrVG Anrecht auf eine Kopie des Teils des Protokolls, der sich auf seine Teilnahme an der WA-Sitzung bezieht. Das von WA-Sprecher und Schriftführer unterzeichnete Protokoll sollte in den Räumen des Betriebsrates aufbewahrt werden und für alle BR-Mitglieder jederzeit zugänglich sein.
Der WA hat das Recht zur Einsicht in die wirtschaftlichen Unterlagen des Unternehmens. Auch muss der testierte Jahresabschluss mit (Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung und bei Aktiengesellschaften auch Cash Flow-Rechnungen usw.) des Unternehmens dem WA erläutert werden.
Die Seminare für den Wirtschaftsausschuss sind auch für Betriebsräte geeignet, die ihre wirtschaftlichen Mitbestimmungsrechte kompetent wahrnehmen und die Erläuterungen des Arbeitgebers verstehen und nachvollziehen wollen.
Literatur
- Wolfgang Däubler, Michael Kittner, Thomas Klebe, Peter Wedde (Hrsg.): BetrVG Betriebsverfassungsgesetz: Kommentar für die Praxis; [mit Wahlordnung und EBR-Gesetz]. 13., überarbeitete und aktualisierte Auflage. Bund-Verlag, Frankfurt am Main 2012, S. 2103 ff.
- Karl Fitting [Begr.], Gerd Engels, Ingrid Schmidt, Yvonne Trebinger, Wolfgang Linsenmaier: Betriebsverfassungsgesetz: Handkommentar; [mit Wahlordnung]. 26., neubearbeitete Auflage. Verlag Franz Vahlen, München 2012, ISBN 978-3-8006-3275-6, S. 1702 ff.
- Thomas Klebe, Jürgen Ratyczak, Micha Heilmann, Sibylle Spoo: Betriebsverfassungsgesetz: Basiskommentar; [mit Wahlordnung]. 16., überarbeitete und aktualisierte Auflage. Bund-Verlag, Frankfurt am Main 2010, ISBN 978-3-7663-3999-7, S. 595 ff.
Nikolai Laßmann, Rudi Rupp: Handbuch Wirtschaftsausschuss. Handlungsmöglichkeiten für eine aktive Informationspolitik. 8., überarbeitete und aktualisierte Auflage. Bund-Verlag, Frankfurt am Main 2011, ISBN 978-3-7663-6082-3.