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Gute Pflege für alle: Staatssekretär Karl-Josef Laumann bei Fachtagung im AZK

Die Stiftung Christlich-Soziale Politik (CSP) hat am 24. November 2015 eine hochrangig besetzte Fachtagung zur Pflegepolitik veranstaltet. CSP-Mitarbeiterin Monika Klimek berichtet über das Treffen.
„65 Teilnehmer kamen ins Arbeitnehmer-Zentrum Königswinter, um an Fachvorträgen teilzunehmen und sich über neue Entwicklungen in der Pflege auszutauschen. Die Moderation der Tagung übernahm CSP-Geschäftsführer Karsten Matthis. Zunächst begrüßte der CSP-Vorsitzende Werner Schreiber die Referenten: Staatssekretär Karl-Josef Laumann (Pflegebevollmächtigter der Bundesregierung), Brigit Carus (Bundesfamilienministerium), Christoph J. Rupprecht (AOK Rheinland Hamburg), Alfred Giersbeg (Mitglied im Rat der Stadt Bonn), Hanneli Döhner (Initiative „Wir pflegen“) und Swen Staak (Alzheimer-Gesellschaft). Schreiber erinnerte an die Einführung der Pflegeversicherung 1995 und an den „Gründungsvater“ Norbert Blüm. Dieses Ereignis würdigte er als „Meilenstein“ in der Sozialpolitik. Durch den demographischen Wandel stehe die Politik auch heute vor großern Herausforderungen. Schreiber begrüßte die beiden Pflegestärkungsgesetze.
Sowohl über die Erfolge als auch über die Probleme in der Pflege sprach Karl-Josef Laumann. Er betonte, dass jedes Jahr 20.000 Pflegekräfte mehr gebraucht würden. Laumann kritisierte, dass junge Menschen in einigen Bundesländern noch Schulgeld für die Ausbildung zur Pflegekraft zahlen müssen. Auch die ungleiche Bezahlung von Altenpflegern und Krankenpflegern monierte er. Bei dieser Problematik verwies er auf das geplante Pflegeberufsgesetz. Es sei geplant, die Ausbildung in den Pflegeberufen zu generalisieren. Laumann warb dafür, dass Pflegekräfte fair und nach Tarifvertrag bezahlt werden. Er plädierte für den Ausbau der Tagespflege, der denselben Stellenwert wie der Ausbau der Kitas haben sollte. Die Pflegebedürftigen hätten so die Möglichkeit, mit anderen Menschen Kontakte zu pflegen, die pflegenden Angehörigen könnten auf diese Weise entlastet werden. Auch demenzkranke Menschen sollten diese Pflegestruktur in Anspruch nehmen können. Außerdem erörterte der Pflegebeauftragte in seinem Vortrag den neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff.
Anschließend erläuterte Birgit Carus, Referentin im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, die neue Familienpflegezeit. Sie führte folgende Zahlen an: Laut Statistik gibt es in Deutschland 2,6 Millionen Pflegebedürftige, wovon 1,25 Millionen zu Hause durch die Angehörigen versorgt werden. Die Familienpflegezeit soll es Angehörigen ermöglichen, Pflege und Beruf zu vereinbaren. Die Referentin schilderte Möglichkeiten der Entlastung der Familie. Dazu zählen: eine 10-tägige Auszeit mit Lohnersatzleistung, 6 Monate vollständige oder teilweise Freistellung mit zinslosem Darlehen und eine Familienpflegezeit von bis zu 24 Monaten. Carus betonte, dass die pflegenden berufstätigen Angehörigen oft körperlich, emotional und finanziell überfordert sind.
Christoph J. Rupprecht von der AOK Rheinland Hamburg konzentrierte sich in erster Linie auf die Umsetzung der Pflegestärkegesetze in die Praxis und beschäftigte sich mit der Frage: „Wie könnte eine moderne Pflege aussehen?“. Er stellte verschiedene Projekte der Krankenkasse vor, die die Pflegenden und Pflegebedürftigen entlasten sollen. All diese Projekte haben zum Ziel, älteren Menschen Teilhabe am sozialen Leben zu ermöglichen.
Die Situation der ambulanten Pflege stellte aus der Sicht der ambulanten Dienste Alfred Giersberg (Mitglied des Bonner Stadtrats, sozialpolitischer Sprecher der CDU-Ratsfraktion) dar. Die ambulanten Dienste seien eine gute Alternative oder auch Ergänzung zur Pflege in der Familie. Sie spielen eine große Rolle bei der Entlastung der pflegeleistenden Frauen im Alter von 55 bis 60 Jahren, der so genannten „Sandwich-Generation“, die sich gleichzeitig um ihre Eltern und ihre Kindern kümmern muss.
Über Herausforderungen in der Pflege aus der Perspektive der Angehörigen berichtete Hanneli Döhner, Vertreterin der Organisation „Wir pflegen e.V.“. Es gibt keine Statistiken, die sagen, wie hoch die Anzahl der pflegenden Angehörigen ist. Die Referentin stellte vor allem die Belastungen, denen die Angehörigen ausgesetzt werden, in den Vordergrund: ständig in Bereitschaft zu sein, körperliche Erschöpfung, gesundheitliche Probleme und die Vereinbarkeit der Pflege mit dem ausgeübten Beruf. Döhner setzte sich für Maßnahmen ein, durch die das Pflegepotenzial erhalten bleiben kann. An dieser Stelle plädierte sie für frühzeitige und bedürfnisorientierte Beratung, Gesundheitsförderung und Prävention, für den leichteren Zugang zu Entlastungsangeboten sowie Verbesserung der finanziellen und sozialen Absicherung für die Angehörigen. Gleichzeitig forderte sie flächendeckende Pflegestützpunkte und eine unabhängige Beratung. Auch das Thema „Armut durch Pflege“ wurde durch die Referentin aufgegriffen. Nicht nur die Pflegebedürftigen, sondern auch die Pflegeden sollen unterstützt werden.
Die Sicht der Pflegebedürftigen wurde durch Swen Staack, Vorstandsmitglied der Deutschen Alzheimer Gesellschaft vertreten. Er begrüßte die Einführung von fünf Pflegegraden, weil sich dadurch die Situation der Demenzkranken verbessern werde. Ähnlich wie Hanneli Döhner war Staak der Meinung, dass die unabhängige Beratung in den Pflegestützpunkten besser organisiert werden sollte.
Die Statements gaben Anstoß zu einer regen Diskussion. Es wurde über die Probleme in der Pflege wie geringe Tagespflegeplätze, zu wenig Pflegekräfte und die oft schlechte Bezahlung von Pflegepersonal debattiert. Obwohl die Einführung der Pflegestärkungsgesetze grundsätzlich positiv beurteilt wurde, gab es auch Kritik. Einige Teilnehmer bemängelten, dass bei dem neuen System zu viele Menschen als pflegebedürftig klassifiziert werden. Konsens am Ende: Wir brauchen eine gute Pflege zum Wohle der Menschen bei gerechter Entlohnung des Pflegepersonals.
Hier sind die Statements nachzulesen: