Carl Sonnenschein (1876-1929): Der „Großstadtapostel“

Carl Sonnerschein entstammte einer Düsseldorfer Handwerksfamilie. Sein Onkel war katholischer Priester. Nach der Reifeprüfung studierte Sonnenschein Theologie in Bonn und in Rom am Collegium Germanicum, welches von Jesuiten geführt wurde. Bereits in seiner Studienzeit in Rom wandte sich Sonnenschein ärmeren sozialen Schichten zu und gab Kindern Religionsunterricht. Er wurde sowohl in Theologie als auch in Philosophie promoviert, verblieb aber nicht bei der theologischen Wissenschaft, sondern konzentrierte sich auf Seelsorge und praktische Sozialarbeit. Sonnenschein war geprägt von Leos XIII. Enzyklika „Rerum Novarum“ aus dem Jahr 1891 und den Nachwirkungen des auslaufenden Kulturkampfes.

Im Jahr 1900 wurde Sonnenschein zum Priester geweiht und trat 1902 eine Stelle als Kaplan in Aachen an. Auch dort leistete er Jugendarbeit und gründete eine Berufsberatung und eine Stellenvermittlung. Er betreute Heimarbeiterinnen seelsorgerisch. Seine guten Italienischkenntnisse nutzte er für die soziale Arbeit mit italienischen Bergarbeitern und gab für diese eine eigene Zeitung heraus. So ging Sonnerschein ganz neue Wege in der Ausländerarbeit. Für seine vielen sozialen Projekte war er stets auf der Suche nach Spendern. Seine Tätigkeit war so ungewöhnlich für die Kirche jener Zeit, dass er vielen als unbequem galt. Im Jahr 1906 wurde er beurlaubt und ließ sich danach beim Volksverein für das Katholische Deutschland anstellen. Hier erhielt er den nötigen Freiraum für seine sozialen Projekte und Aktivitäten. Sonnenschein konnte sich nicht mit den strengen hierarchischen Ordnungen der Kirche abfinden. Er war ein begehrter Redner über seine Kirche hinaus, der zugleich als tiefreligiös und weltoffen galt.

Sonnenschein unterstützte die Christlichen Gewerkschaften, mit deren Forderungen er übereinstimmte. Er sorgte sich auch um das akademische Proletariat seiner Zeit und stürzte sich in die Studentenarbeit. So rief Carl Sonnenschein ein Sekretariat sozialer Studentenarbeit ins Leben. Ihm lag stets die Besserstellung benachteiligter Schichten am Herzen.

Die letzten zehn Jahre seines Lebens litt er an Herzmuskelschwäche und starb früh mit 52 Jahren. Sonnerschein war ein höchst kreativer praktischer Theologie und Sozialarbeiter, insbesondere in den Großstädten Köln und Berlin kreierte er soziale Projekte, die an Aktualität nichts verloren haben. So ist der etwas scherzhaft gebrauchte Name „Großstadtapostel“ durchaus zutreffend.

„Kommunisten muss man überflüssig machen.“ (Maria Grote: Dr. C. Sonnenschein in Berlin, Berlin 1957, S. 46).

Literaturhinweise:

Friedel Doert: Carl Sonnenschein – Seelsorger, theologischer Publizist und sozialpolitischer Aktivist, Münster 2012

Theodor Eschenburg: Carl Sonnenschein. In: Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte, 11. Jg. 1963, 4. Heft/ Oktober, S. 333-361