Sind Nachwuchspolitiker nur lebensferne Wichtigtuer oder wie ist ihr politisches Engagement zu bewerten? Über dieses Thema sprach Sven Volmering, Landesvorsitzender der Jungen Union NRW und stellvertretender CDU-Landesvorsitzender, am Montag, 23. Januar 2012, beim politischen Abendforum der Stiftung Christlich-Soziale-Politik.
Vom Kreißsaal in den Hörsaal zum Plenarsaal – so lautet ein weit verbreitetes Klischee über die Karrierewege junger Politiker, denen oft vorgeworfen wird, dass sie ein berufliches Leben außerhalb der Politik gar nicht mehr kennen. Andererseits sind die Parteien stark überaltert. Schon jetzt sind die Mitglieder von CDU, CSU und SPD sind im Durchschnitt 58 Jahre alt, die Parteimitglieder der FDP 51 Jahre, die der Grünen 46 Jahre. Noch schlechter sieht es bei der Partei Die Linke aus. Der Altersdurchschnitt ihrer Mitglieder liegt bei 60 Jahren (Quelle: Oskar Niedermayer: Parteimitglieder in Deutschland: Version 2011. Arbeitshefte a.d. Otto Stammer-Zentrum, Nr. 18, FU Berlin 2011). Was treibt junge Menschen also heute noch an, in eine Partei einzutreten und aktiv an der politischen Gestaltung unseres Landes mitzuwirken?
Die Volksparteien CDU und SPD stehen vor großen Herausforderungen: Bei den Bundestagswahlen 1972 erhielten die beiden großen Fraktionen CDU/CSU und SPD noch über 90 Prozent der Stimmen. Bei den letzten Bundestagswahlen 2009 waren es gerade einmal noch 56,8 Prozent. Die Gründe für diesen Niedergang haben mit der Auflösung sozialer Milieus, dem Mitgliederschwund von Parteien, Kirchen und Gewerkschaften und den gesamtgesellschaftlichen Trends der Individualisierung und Pluralisierung der Lebensstile zu tun. Im Unterschied zur CDU, die lange Zeit den Charakter einer Honoratiorenpartei hatte, war die SPD immer eine klassische Mitgliederpartei, die Mitte der 1970er Jahre noch über 1 Millionen Mitglieder zählte. Heute liegt die CDU mit ca. 505.000 Mitgliedern ganz knapp vor der SPD, der nur noch rund 502.000 Mitglieder angehören.
Die gesellschaftliche Verankerung der Parteien lässt immer weiter nach. Für die Parteien wird es immer schwieriger, neues politisches Personal zu rekrutieren. Der demographische Wandel tut sein Übriges, die Gesellschaft überaltert zusehends. Deshalb ist es wichtig, dass sich mehr junge Menschen parteipolitisch engagieren, denn die Stabilität unserer Demokratie ist auch ein großer Erfolg der Volksparteien.
Die Junge Union NRW gilt dabei noch als Lichtblick. Mit rund 35.000 Mitgliedern ist sie stärker aufgestellt als JUSos, Junge Grüne und JuLis zusammen. Der nordrhein-westfälische Landesverband, dessen Vorsitzender Volmering ist, ist zudem der mitgliederstärkste in ganz Deutschland. Dennoch tun sich Volksparteien schwer mit der Rekrutierung von politischem Nachwuchs. Volmering, der sich vor allem gegen ein zu negatives Jugendbild wendete, machte in diesem Zusammenhang deutlich, dass das Problem weniger in dem Vorurteil begründet liegt, dass die junge Generation als solche unpolitisch ist. Vielmehr stelle sich die Frage, wie junge Menschen heute für ein aktives politisches Engagement erreicht werden können.
Parteien nutzen Jugendliche gerne als willige Wahlhelfer, der Weg in die Parteiämter wird ihnen damit aber nicht unbedingt geebnet. So müssten sich die Parteien stärker der gesellschaftlichen Mobilität, der beruflichen Flexibilität und den Bedürfnissen der Informationsgesellschaft anpassen, um für junge Menschen attraktiver zu werden. Andererseits ist die parteipolitische „Ochsentour“ nach wie vor der gängige Weg zum politischen Aufstieg junger Politiker. Eine politische Karriere sei allerdings nicht planbar. Sie erfordere deshalb eine solide wirtschaftliche Grundlage, auch um zu große Abhängigkeiten von der Karriere als Politiker zu vermeiden, so Volmering, der von Beruf Gymnasiallehrer für Geschichte und Sozialwissenschaften ist. Der Eintritt in die Partei erfolgt meist aufgrund der politischen Sozialisation im Zusammenhang mit bestimmten Ereignissen, etwa der Ostpolitik in den 1970er Jahren unter Willy Brandt oder der Deutschen Einheit zu Zeiten der Regierung Kohl in den 1990er Jahren. Solche Schlüsselerlebnisse prägten das ganze Politikerleben, berichtete Volmering aus eigener Erfahrung.
Zugleich betonte er jedoch auch, dass mit dem Parteibeitritt nicht nur die Möglichkeit zur aktiven Gestaltung, sondern auch die Übernahme von Verantwortung verbunden ist. Wer sich allerdings für eine politische Karriere entscheidet, hat auch mit vielen Unwägbarkeiten zu kämpfen. Ein gesunder Machtwille sei deshalb sicher nicht schädlich, aber man müsse auch Druck aushalten können – nicht nur von den Medien, sondern auch aus dem persönlichen sozialen Umfeld. Hier spielten insbesondere die Medien eine große Rolle, seien Politiker doch insgesamt schlecht angesehen. Das Verhältnis von Politik und Medien war eines der Themen, die in der anschließenden Fragerunde noch intensiv diskutiert wurden.