Unter diesem provokanten Titel hatte die Stiftung CSP den Vorsitzenden des Gemeinsamen Bundesausschuss eingeladen, das oberste Beratungsgremium der Ärzte, Zahnärzte, Krankenhäuser und Krankenkassen. Dieses wichtige Gremium, welches vom unparteiischen Vorsitzenden, Minister a. D. Josef Hecken, geleitet wird, verfügt über viel Macht. Entscheidet es doch, wie hoch bspw. die Ausgaben für die medizinische Forschung sind. Diese sind z. Zt. durchschnittlich 300 Mio. Euro pro Jahr in der Bundesrepublik Deutschland.
Hecken verwies zunächst einmal auf die demografische Entwicklung. Die Deutschen leben länger bei guter Gesundheit. Immer mehr Krankheiten werden behandelbar. Dazu zählen auch Schwerstkrankheiten in der Onkologie. Der soziale Rechtsstaat sagt Ja zum technischen und medizinischen Fortschritt im Sinne der Patientinnen und Patienten. Hecken machte jedoch darauf aufmerksam, dass die Krankenkassenbeiträge in den letzten Jahren nur um 30 Prozent gestiegen sind, während die Leistungsausgaben um 43 Prozent stiegen. Problematisch sind Jahrgänge wie die „Generation Praktikum“, also junge Menschen mit unsteten Arbeitsverhältnissen.
Der Faktor Arbeit entscheidet, wie stabil gesundheitliche Versorgung in Deutschland sein kann. Zur Zeit geht es Deutschland wirtschaftlich gut. Der nächste Konjunktureinbruch kann jedoch bald kommen. Dann wären Rücklagen der gesetzlichen Krankenkassen schnell verbraucht. Ein System wie in Großbritannien, welches eine offene Rationierung von Leistungen vorsieht, kann keine Antwort von sozialverpflichteter Politik sein und erst recht keine christlich-soziale Antwort. Die schlechteste Lösung ist immer, Steuern zu erhöhen. Bessere Lösungen sind immer Wege jenseits von Steuererhöhungen zu suchen. So müssen sich gewichtige Zukunftsfragen gestellt werden. Welche Krankenhäuser soll es in 20 Jahren geben? Welches Leistungsspektrum kann im System angeboten werden? Welche Operationen sind notwendig und geboten? Hierzu gab Josef Hecken das Beispiel einer speziellen Herz-OP, um bei dieser Narben zu verhindern. Inwiefern sind Knie-Operationen notwendig oder eher weniger notwendig.
Der Referent ging auch auf die Arzneimittelversorgung in Deutschland ein. 34 Mrd. Euro werden pro Jahr für Arzneimittel ausgegeben. Nicht jedes Mittel ist bei jedem Patienten sinnvoll eingesetzt. Stark machte sich Josef Hecken für die Palliativmedizin, die Lebensqualität unter Schwerstkranken fördern soll. Josef Hecken riet alle onkologischen Medikamente auf ihre Wechselwirkung hin stark zu überprüfen, ob diese im Endstadium eines Lebens sinnvoll und hilfreich sind.
Ein wichtiges Thema der zukünftigen medizinischen Versorgung ist die ambulante und stationäre Betreuung der Menschen. Hier sieht Hecken verschiedene neue Herausforderungen. Es geht um eine sektorenübergreifende Qualität, um die bestmögliche Versorgung der Menschen zu erreichen. Mit Hilfe einer Power-Point-Präsentation zeigte Josef Hecken im bundesdeutschen Gesundheitssystem der Herausforderungen auf.
In der anschließenden lebendigen Diskussion wurde die Komplexität des Themas deutlich. Es ist der politischen Bildung aufgegeben, über Sozial- und Gesundheitspolitik zu debattieren, aber auch dabei ethische Fragen zu bedenken.
Der Vorsitzende des Gemeinsamen Ausschusses erhielt viel Beifall für seine Ausführungen. Das Plenum unter der Leitung von Werner Schreiber wünschte ihm weiterhin alles erdenklich Gute und viel Kraft für seine schwierige Aufgabe zwischen verschiedenen Interessen in der Gesundheitspolitik zu vermitteln.
Näheres über Josef Hecken: https://www.g-ba.de/institution/struktur/unparteiische/
Karsten Matthis
Geschäftsführer der Stiftung CSP